Vom Wolfsbarsch zum Blaubarsch ( Pomatomus saltatrix, Bluefish )
An der Küste der Toskana

Den geplanten Toskana Urlaub mit meiner Frau wollte ich natürlich auch für ein paar Angelausflüge an die Küste nutzen, denn mir fehlte noch der Spigola (ital. für Wolfsbarsch) auf meiner Wolfsbarsch-Fangliste. Da im deutschen Web und anderen Medien kaum oder wenig brauchbare Infos zur Spinnangelei in dieser Gegend zu finden sind, war wieder einmal Pionierarbeit angesagt. Als Jemand, der sich eher an Küsten mit spürbarer Gezeitenaktivität zu Hause fühlt, ist das Angeln am Mittelmeer kein leichtes Unterfangen. In meiner Vorplanung wollte ich mich nur auf ein paar Hotspots konzentrieren: Flussmündungen und kleine Häfen sind immer interessante Hotspots, wenn man wenig Zeit hat sich mit den örtlichen Gegebenheiten zu beschäftigen. Meine Frau wollte den Urlaub ja auch mit mir verbringen.

Die Zeichen stehen gut, für den Spigola (Wolfsbarsch).

Das Mittelmeer ist gewiss kein norwegischer Fjord. Dickdorsch, kapitale Seelachse und Tischplatten große Heilbutts sucht man in dem azurblauen Wasser vergebens. Auch ist das Mittelmeer von Natur aus nicht so fischreich wie die nördlichen Seegebiete. Hinzu kommt die Überfischung an der europäischen Küste, die immer noch großen Schaden anrichtet. Aber trotzdem, das Mittelmeer hat einen Hauch von Karibik und die Fische sind in diesem warmen Wasser deutlich kampfstärker als unsere nördlichen Vertreter.

Die traumhafte Küstenregion um unseren Urlaubsort Alberese (nähe Grosseto) ist mit einigen Hotspots ein guter Ausgangsort, sich an die Angelei am Mittelmeer heranzutasten. Ihre kleinen Häfen, Flussmündungen und Strände mit felsigen Abschnitten eignen sich hervorragend, um am Mittelmeer einen Urlaub mit gelegentlichen Angelausflügen zu verbringen.

Nicht nur die Küste, auch das Umland lädt zum Abschalten vom stressigen Alltag ein. Typisch toskanisch, die leicht hügelige Landschaft, überzogen mit  kleinen Olivenplantagen, Weinbergen und Pinienwäldern. Zwischen dem Örtchen Alberese und der Küste erstreckt sich der Naturpark „Parco Regionale della Maremma“. Das Naturschutzgebiet erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 9800 ha entlang der Küsten des Tyrrhenischen Meeres. Das Gebiet ist ein weitgehend naturbelassenes und noch intaktes Ökosystem, das größtenteils nur zu Fuß erkundet werden kann. Im nördlichen Teil des Naturparks liegt die Mündung des Ombrone, zu erreichen mit dem Auto über den „Marina de Alberese“. Der Rest des Weges muss zu Fuß (am Strand) oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Ein geteerter Radweg, der bis zur Mündung führt, ist vorhanden. Man erreicht die Mündung mit dem Rad vom Parkplatz der ‚Marina de Alberese‘ in ca. 5 Minuten. Die meisten Angler nutzen den Drahtesel, um an diesen Spot zu gelangen. Einen entsprechenden Fahrradverleih findet man im Dorfkern von Alberese. Hat man etwas mehr Zeit ist ein ca. 45 minütiger Strandspaziergang mit der Rute in der Hand in Richtung Flussmündung zu empfehlen. Nicht nur, dass der ein oder andere Räuber sich an den Köder verirren könnte, auch der naturbelassene Strand bietet ein völliges Abtauchen der Sinne in diese unwirkliche Landschaft. Man könnte meinen, der angrenzende Wald wird vom Meer förmlich verschlungen, so dicht steht dieser am Wasser. Schlagen noch ein paar Wellen auf den Strand wirkt das Bild von Wasser, totem Gehölz und grüner Wegetation schon fast surreal.

In der Mündung selbst herrscht Angelverbot; nur die angrenzende Steinschüttung darf und sollte ausgiebig befischt werden. Laut einiger einheimischer Angler soll die Mündung in der kälteren Jahreszeit gut für Wolfsbarsch sein. Nun gut, wir waren eben im Spätsommer dort. Wie ich bereits nach den ersten Würfen feststellen konnte ist auch der Spätsommer Räuberzeit! Der Bluefish oder Blaubarsch treibt dort hin und wieder sein Unwesen. Das Ziel der meisten Angler sind jedoch Meerbrassen, die mit Naturködern und langen Ruten an der Posenmontage oder bei der leichten Grundangelei gefangen werden. Wovon die größeren Exemplare auch gern auf kleine ca. 3 – 5cm lange Miniwobbler beißen. Die großen Raubfische sind mit Distanzwürfen weiter draußen zu suchen. Dort jagen sie nach Sardinenschwärmen oder ähnlichen Kleinfischen. Die Meerbrassen hingegen stehen dicht an den großen Steinen der Schüttung, die bei klarem Wasser leicht auszumachen sind.

Das nächste, vielversprechende Angelrevier liegt auf der südlichen Seite des Naturparks. Der Hafen bzw. die Bucht bei Talamone. Auf dem Weg dorthin befindet sich in Fonteblanda ein kleiner aber gut sortierter Angelladen (Pesca Esche Vive, Strada Provinciale 11) der kaum Wünsche offen lässt und mit seinem breit gefächerten Sortiment alle erdenklichen Angelmethoden bestens abdeckt. Das Angelrevier gestaltet sich dort sehr abwechslungsreich. Vom ‚Light Tackle Rockfishing‘ (Angeln mit leichtem Gerät auf kleinere Räuber) in den flachen, felsigen Abschnitten bis hin zum Spinnfischen mit größeren Ködern an der Hafenausfahrt von Talamone.

Weiter südlich befindet sich wiederum eine Flussmündung, die des Fiume Albegna, die man von beiden Ufern befischen kann. Der frühe Morgen scheint dort besonders ergiebig zu sein, zumindest sind dann die meisten Angler vorzufinden. Hier ist wiederum im Spätsommer der Bluefish und im Herbst und Winter der Wolfsbarsch das Ziel der meisten Kunstköderangler. Die ersten 100 Meter bis zur Mündung wird das Angeln noch ohne Erlaubnis geduldet, weiter landeinwärts ist eine Süßwasserlizenz erforderlich. Am erfolgversprechendsten ist laut der einheimischen Angler das nördliche Ufer der Mündung. Hier kann sich auch hin und wieder ein großer Meerbrassen an den Kunstköder verirren. Obwohl der Morgen hier dem Anschein nach favorisiert wird, kann ich mir gut vorstellen, dass auch am Abend und in der Dunkelheit der ein oder andere Räuber in der Mündung aufkreuzt. Futterfische kommen hier in rauen Mengen vor. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie nachts das Weite suchen. Einen Versuch würde ich daher auch am späten Abend und der Dunkelheit wagen.

Ein weiterer guter Hotspot ist der Hafen von Porto Santo Stefano auf der Halbinsel vor Orbetello.  Auch hier wird tagsüber auf Meerbrassen mit langen Posenruten gefischt. Die sich hier im Hafen tummelnde Vielfalt an Meerbrassenarten ist schon recht beeindruckend. Die passenden Köder bekommt man frisch bei den Fischhändlern am Hafen. Kleine Streifen von frischen Tintenfischen oder Sardinen sind genau so fängig wie kleine Sandwürmer, die man in den Angelläden zu kaufen bekommt. Kleiner Tipp: Die Köder vom Fischhändler sind deutlich günstiger als die im Angelgeschäft – das schont die Urlaubskasse! Für den versierten Spinnfischer ist eher der frühe Morgen, späte Abend oder die Nacht anzuraten. Im Sommer kommen oft große Bluefishschwärme dicht an die westliche Hafenmole am Fischereihafen, im Herbst und Frühling die Wolfsbarsche. Mit etwas Glück kommen hier auch hin und wieder große Leerfische dicht unter Land. Etwas Trittsicherheit sollte man schon an den Tag legen, das Herumklettern auf den großen Steinen ist bei völliger Dunkelheit nicht ganz ungefährlich.

Ist man mit der Frau unterwegs und möchte mal kurz ein paar Würfen wagen, an der Hafenpromenade findet man ein paar schicke, regionaltypische Restaurants, die zum leckeren Pizza- oder Pastaessen einladen. So haben beide etwas davon.

Auch sehr zu empfehlen ist eine Wandertour durch den Naturpark „Parco Regionale della Maremma“. Von den höheren Lagen aus hat man eine atemberaubende Aussicht auf die traumhafte Küstenlandschaft. Infos über den Park (Naturschutzgebiet) und wie man zu den Wanderruten gelangt, bekommt man im Touristenbüro im Dorfzentrum von Alberese.

Fängige Tipps: Die Erfahrung der letzten Jahre an Europas Küsten haben gezeigt, dass ein steigender Luftdruck und eine leichte Brise die das Wasser kräuselt, begünstigend auf den Fangerfolg wirkt. Findet man Futterfische, die sich an bestimmten Plätzen regelmäßig aufhalten, sind die Räuber nicht weit. Stellt sich nur die Frage, wann die Raubfische eintreffen, am Tage, während der Dämmerung oder nur in der Nacht? Während eines Urlaub kann man die Fragen schnell beantworten, und zwar indem man nicht allzu viele Spots auswählt. Um die Spots für diesen Toskana Artikel ausfindig zu machen, reichten 6 Urlaubstage. Die reine Angelzeit, die ich meiner Frau abgewinnen konnte, betrug nur ein paar Stunden pro Tag